Die Biopsie beschreibt die operative Entnahme kleiner Mengen von Prostatagewebe, das im nächsten Schritt in einem Labor untersucht wird. Durch das Biopsat erhalten Ärztin und Patient Aufschluss über die zelluläre Struktur des Gewebes, wodurch einerseits erschlossen werden kann, ob überhaupt ein bösartiges Karzinom vorliegt und wie aggressiv sich dieses verhält. Im Falle eines positiven Ergebnisses wird dabei auch direkt der Gleason- oder PI-RADS-Score festgestellt, der gemeinsam mit anderen Faktoren zur Risikobestimmung dient und die weitere Therapieempfehlung bestimmt.
Oftmals wird noch vor der Biopsie eine MRT durchgeführt, bei der bereits vorab die Notwendigkeit einer solchen eingeschätzt wird. Das Verfahren selbst dauert allerdings lediglich 10 bis 15 Minuten und beinhaltet etwa 12 Stiche. Es geschieht meist unter lokaler Betäubung oder unter dem Einsatz von Beruhigungsmitteln, kann in Ausnahmefällen aber auch unter Vollnarkose stattfinden. Die Biopsie kann entweder transrektal durch den Enddarm oder transperineal durch den Damm bzw. das Perineum (Stelle zwischen Hodensack und After) erfolgen. Je nach Art der Biopsie wird dabei gleichzeitig ein Ultraschall der Prostata vorgenommen oder zuvor ein MRT durchgeführt. Der Vorgang ist ähnlich wie beim Zahnarzt im Normalfall nicht schmerzhaft, kann sich aber für manche Patienten aufgrund des spürbaren Drucks unangenehm anfühlen. Ist die Biopsie abgeschlossen, kann der Patient sofort wieder entlassen werden. Auf den Befund muss er in der Regel 2-3 Tage warten, gelegentlich aber auch etwas länger.
Die Biopsie ist grundsätzlich ein üblicher Routineeingriff im klinischen Alltag. Mit Komplikationen ist demnach normalerweise nicht zu rechnen. Dennoch gehört sie letztlich zur invasiven Diagnostik, weswegen der Körper auf sehr unterschiedliche Weise auf die Stiche sowie die zurückbleibenden Einstichkanäle reagieren kann. Zu möglichen unangenehmen Nebenwirkungen zählen
Nichtsdestotrotz sind alle aufgezählten Begleiterscheinungen eine Seltenheit und mit Ausnahme der Narbenbildung nur temporär. Auch generell ist die Gefahr drastischerer Maßnahmen schon dadurch reduziert, dass der Patient im Rahmen der Biopsie bereits in professionellen Händen ist und direkte Ansprechpartner:innen hat, sollte er Unannehmlichkeiten bemerken. In dem Fall ist zudem meist relativ schnell klar, worauf die Schmerzen zurückzuführen und wie sie bestmöglich zu behandeln sind.
Da die Nadel während der Biopsie ständig abwechselnd in direkten Kontakt mit von Krebs befallenem Gewebe tritt, stellt sich für viele Betroffene die Frage, ob hier beim Herausziehen nicht Krebszellen verteilt und dadurch Metastasen begünstigt werden. Das ist zwar eine Sorge, die definitiv ihre Berechtigung hat, aber glücklicherweise damit beantwortet werden kann, dass Studien bisher keinen solchen Effekt nach einer Biopsie festgestellt haben. Das liegt einerseits daran, dass die Menge an Zellen, die dadurch verstreut wird, sehr klein ist und gleichzeitig auch an den bestimmten Eigenschaften, denen Krebszellen unterliegen, um metastasieren zu können und die bei nicht-metastasiertem Krebs normalerweise nicht gegeben sind.
Es ist letztlich immer eine Frage der Tumorart und der Biopsiemethode. Bei der Diagnose des Prostatakarzinoms gibt es jedenfalls keinen Grund zur Sorge – bei anderen Krebsarten wie bei Weichteilsarkomen – kann es dagegen durchaus im Bereich des Einstichkanals zu Metastasen kommen.
Die Frage, ob die transrektale oder transperineal Biopsie die bessere ist, ist mittlerweile seit über 50 Jahren ein heißer Diskussionspunkt unter Urolog:innen. Dabei liegt der Unterschied im Wesentlichen lediglich darin, dass die Nadel bei der transrektalen Biopsie durch den Mastdarm und bei der transperinealen durch den Damm (zwischen Hodensack und After) gestochen wird. Da die Biopsie ohnehin unter örtlicher Betäubung oder Vollnarkose durchgeführt wird, berichten Betroffene von keinem merkbaren Gefühlsunterschied. Allerdings entstehen bei der rektalen Methode üblicherweise kleine Verletzungen in der Darmschleimhaut, was dazu führen kann, dass Darmbakterien in die Prostata einschwemmen. Dadurch ist letztlich das Risiko septischer Komplikationen, wie beispielsweise Fieber und Atemnot als Folge einer symptomatischen Infektion bei der rektalen Biopsie vier bis acht Mal so hoch wie bei der perinealen, was wohlgemerkt die schlimmste erwartbare Konsequenz des Eingriffs ist!
Aus diesem Grund sowie ihrer Sicherheit und diagnostischen Aussagekraft wegen, gilt die perineale Methode als allgemein schonender und besser. So empfehlen auch die offiziellen ärztlichen Leitlinien zur Behandlung von Prostatakarzinomen, dass die transperineale Biopsie ihrem Gegenpart vorgezogen werden soll. Spannenderweise ist die abgeratene transrektale Variante in der österreichischen Urologie nach wie vor die gängigere. Begründet wird das häufig mit dem Argument der höheren Praktikabilität, und dass Antibiotika dazu dienen, das Infektionsrisiko niedrig zu halten. Ob die ärztegesellschaftlich angeratene Variante in den folgenden Jahren auch in den österreichischen Praxen und Kliniken Anklang findet, wird sich zeigen – die offizielle Empfehlung liegt derzeit jedoch sehr eindeutig bei der transperinealen Biopsie.
Innerhalb der urologischen Community wird sehr rege darüber diskutiert, wie man insbesondere mit invasiven Diagnosemethoden als Routinemethoden für Screenings umgehen sollte. Die allgemein geltende Devise lautet:
So invasiv und häufig wie nötig, jedoch so schonend und selten wie möglich.
Folglich steht damit auch die Frage in Zusammenhang, inwieweit die Überdiagnose vieler klinisch wenig relevanter Tumore das Erfassen wenig klinisch relevanter Prostatakarzinome rechtfertigt. Tatsächlich wird Prostatakrebs nämlich etwa 50 - 60% überdiagnostiziert. Insofern gibt es zwar bereits sehr erfolgreiche Bemühungen, durch vorangehende Magnetresonanztomographien (MRTs) Patienten mit niedriger Tumor-Wahrscheinlichkeit bereits vorab auszusortieren, wodurch die Biopsie-Rate teilweise um bis zu 40% reduziert werden kann. Doch eine qualitativ gleichwertige und massentaugliche Alternative für die Prostatabiopsie gibt es derzeit leider noch nicht.
MRT- sowie Ultraschalluntersuchungen können allenfalls Andeutungen über Gewebeveränderungen liefern und der PSMA/PET-Scan ist derzeit zu aufwändig und teuer, um im Bereich des Screenings eingesetzt werden zu können. Sie werden die Biopsie daher in absehbarer Zeit nicht ersetzen. Einzig das neu aufkommende Liquid-Biopsy-Verfahren könnte in näherer Zukunft Veränderungen herbeiführen. Sie ist eine minimal-invasive Diagnosemethode, die bereits in manchen Praxen angeboten wird. Anstatt des festen Gewebes werden hierbei Körperflüssigkeiten entnommen, was in der Regel deutlich angenehmer für den Patienten ist. Die ausreichende Optimierung dieser Methode für den Alltag in Kliniken und Praxen wird jedoch aller Voraussicht nach noch ein wenig dauern. Bis dahin gilt die transperineale Biopsie jedenfalls als der medizinische Goldstandard in der Prostatakrebs-Diagnostik.
Wichtig: Wir von PATIO sind darum bemüht, unsere Informationen zu prüfen und durch Fachkundige abzusichern. Die Kontrolle der Texte durch eine Fachperson ist derzeit noch ausständig. Artikel auf patiospots.com dienen ausschließlich zur Informationsübermittlung und ersetzen kein ärztliches Gespräch. Jeder Prostatakrebs muss individuell betrachtet und medizinisch abgeklärt werden.
Quellen: